Ein ProtonMail-Nutzer wurde auf richterliche Anordnung hin überwacht – der Anbieter behauptet jedoch, er sammle keine IP-Adressen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ProtonMail?
Der Schweizer E-Mail-Anbieter ProtonMail steht für sichere, verschlüsselte E-Mails. Bei der Registrierung müssen keine persönlichen Daten eingegeben werden. Alle Postfächer sind automatisch durch eine Zero-Access-Verschlüsselung geschützt, um die Sicherheit und Vertraulichkeit zu optimieren. E-Mails zwischen Proton-Benutzern sind ebenfalls durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt.
Der Dienst verwendet ausschließlich sichere und zuverlässige Implementierungen von AES, RSA und OpenPGP. Aus diesen und anderen Gründen ist Protonmail schnell populär geworden – vor allem aber auch, weil er standardmäßig keine IP-Adressen registriert.
Hat Protonmail dabei geholfen, einen Klimaaktivisten aufzuspüren?
ProtonMail wurde dazu gezwungen, die persönlichen Daten einiger seiner Nutzer auf Druck der Schweizer Behörden herauszugeben. So wurde ein französischer Klimaaktivist sogar aufgespürt und verhaftet.
Der Geschäftsführer von ProtonMail, Andy Yen, bestätigte den Vorfall:
„Einige Gedanken zum „Klimaaktivisten“-Vorfall. Es ist bedauerlich, dass legitime Mittel zur Bekämpfung schwerer Straftaten auf diese Weise eingesetzt werden. Aber laut Gesetz muss @ProtonMail den Schweizer Strafermittlungen nachkommen. Dies geschieht natürlich nicht standardmäßig, sondern nur, wenn es gesetzlich vorgeschrieben ist.“
– Andy Yen (@andyyyen) 5. September 2021.
Yen weist zudem darauf hin, dass in den eigenen Nutzungsbedingungen ausdrücklich festgehalten ist, dass der Dienst nicht für Aktivitäten genutzt werden darf, die in der Schweiz illegal sind.
Yen sagte auch, dass der Dienst in der Tat die IP-Adressen der Nutzer aufzeichnet, aber nicht aller Nutzer, sondern nur „einige“. Er gab nicht an, welche Nutzer „einige“ sind.
Datenweitergabe – Schuld des Gesetzes oder des E-Mail-Dienstes?
Die Situation rund um ProtonMail steht im Zusammenhang mit den neuen innerstaatlichen Gesetzen in der Schweiz, die eine stärkere Kontrolle der Behörden über verschiedene Organisationen mit Sitz in der Schweiz vorsehen. Darüber hinaus hat die Schweiz häufig mit anderen souveränen Staaten zu tun. Und obwohl Schweizer Gerichte häufig Ersuchen ausländischer Regierungen um die Herausgabe personenbezogener Daten ablehnen, ist ProtonMail ein solcher Fall, in dem das Unternehmen den Forderungen von Europol nachgegeben hat.
Die Schweiz ist mit vielen Diensten, die mit dem Schutz der Privatsphäre werben, sehr beliebt – die dortigen Gesetze gelten im Vergleich zur EU als relativ freundlich. Außerdem ist das Land kein EU-Mitgliedstaat, sodass ProtonMail nicht verpflichtet ist, die Anweisungen anderer Länder zu befolgen.
Das hat den Dienst jedoch nicht vor empörten Nutzern bewahrt, die mit dieser Situation nicht einverstanden sind. Viele waren überrascht, dass ProtonMail IP-Adressen sammelt, da das Unternehmen in der Vergangenheit mehrmals erklärt hat, dass diese Daten standardmäßig nicht erfasst werden.
Youth for Climate
Ein Aktivist ist mit “Youth for Climate” aus Frankreich verbunden. Die Behörden beschuldigen ihn des Einbruchs und Diebstahls. Der konkrete Anlass ist ein Protest gegen die fortschreitende Gentrifizierung rund um den Place Saint-Marthe in Paris. Die Gruppe hat Berichten zufolge zumindest teilweise über ProtonMail kommuniziert.
ProtonMail war somit rechtlich gezwungen, die personenbezogenen Daten seiner Nutzer auf Verlangen Frankreichs herauszugeben. Da das Unternehmen die Daten seiner Nutzer an Frankreich weitergibt, könnten theoretisch auch Nutzer aus anderen Ländern gefährdet sein.
Erstellt am: 13. September 2021