Unser halbes Leben (oder mehr) spielt sich mittlerweile im Internet ab. Vom Einkaufen übers Musik hören bis zum Gamen erledigen wir so einiges online. Was wir dabei oft vergessen ist, dass wir Spuren hinterlassen. Und auf diese Spuren heften sich Konzerne wie Amazon oder Google richtig gerne. Da werden fleißig Daten gesammelt, gespeichert und vor allem auch analysiert (und dann für Marketingzwecke wiederverwendet). Und das in großem Umfang. Alles nur für die individuelle Betreuung der Kunden. Behaupten die Datenkraken. Wie viel diese wirklich über dich wissen, zeigen Abfragen im Rahmen der DSGVO.
Bloggerin und Datenschutzaktivistin Katharina Nocun wollte es genau wissen. Und drehte den Spieß um. Sie begab sich für ihr Buch „Die Daten die ich rief – Wie wir unsere Freiheit an Großkonzerne verkaufen“ auf die Spur der Datenkraken. Konkret richtete sie an einige Unternehmen die Aufforderung, ihre Nutzerdaten herauszugeben. Dieses Recht steht seit Inkrafttreten der DSGVO allen EU-Bürgern zu. Das heißt, auch du kannst dir ansehen, welche Daten von dir bei welchen Unternehmen auch immer aufliegen.
Katharina Nocun hat sich für ihr Buch natürlich ein paar besonders spannende Kandidaten herausgepickt – unter anderem Amazon. Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Konzerne wie Amazon oder auch Facebook etc. wissen tatsächlich alles über uns! Das haben die Recherchen der Aktivistin leider mehr als bestätigt.
Inhaltsverzeichnis
Amazon verkauft Nutzer für dumm
Aber nun zu den Details. Amazon. Nocun hat dem Konzern einen klassischen Brief geschrieben. Der kann immerhin nicht online getrackt werden. Die Reaktionsfreudigkeit von Amazon war, nun ja, bescheiden. Es kam zu einigem Hin und Her. Macht ja auch Arbeit, diese Datenherausgabe. Zuerst machte es sich der Onlinehändler leicht. Nocun solle doch ihr Nutzerprofil anschauen. Das reichte der Bloggerin aber natürlich nicht und sie urgierte die Herausgabe ALLER Daten. Zu Recht! Daraufhin schickte Amazon ihr dasselbe Nutzerprofil auf CD!
Was auch immer du klickst. Amazon speichert es! Im Detail!
Wie gesagt, es ging hin und her. Kein leichtes Unterfangen und zeitaufwendig. Aber, Heureka – vier Monate später trudelte eine neue CD von Amazon ein. Mit weit mehr Daten. Allerdings auch mit jeder Menge unerfreulicher Erkenntnisse: Genauer gesagt mit 15.365 x 50 Erkenntnissen. Denn genau diese Anzahl an Zeilen jeweils unterteilt in 50 Spalten in einer Excel-Tabelle enthielt die CD unter anderem. Das Dokument hatte den Titel „Klick-Stream“.
Beim Wort „Klick“ läuten sicher auch deine Alarmglocken. Ganz richtig. Denn diese Datei enthielt tatsächlich ALLE der letzten 15.365 Klicks von Nocun – Bilder, Produkte, Suchen … Und zu jedem Klick gab es zahlreiche weitere Daten. Beispielsweise speicherte Amazon auch die Uhrzeit und den jeweiligen Standort, von dem eine Suchanfrage gestartet wurde und auch, wo die Bloggerin vor ihrer Amazon-Anfrage im Netz unterwegs war. Unglaublich, oder?
Basis für Manipulation & Überwachung: Amazon hat auch deine Klicks im Detail gespeichert!
Das Traurige daran ist, dass es sich hier um keinen Einzelfall handelt. Amazon verfügt auch von dir über derartige Klick-Statistiken (sofern du Amazon nutzt)! Willst du, dass der Handelsgigant weiß, dass du am 2. März um 20:00 Uhr in Berlin auf der Suche nach Dessous warst? Derartige Daten lassen natürlich zahlreiche Rückschlüsse auf das Leben und die Vorlieben bzw. Verhaltensmuster eines Menschen zu. Jemand kauft zu bestimmten Zeiten oder unter bestimmten Bedingungen immer Alkohol? Perfekt, dann bekommt er genau dann Alkoholwerbung. Wirklich schlimm …
Nocun sieht das Ganze entsprechend kritisch: Wir erlauben online das Sammeln von Daten und Verhaltensweisen, die wir im „echten Leben“ niemals preisgeben würden. Im Gegenteil, wir würden es sicher „höchst übergriffig“ finden, wenn beispielsweise jemand im Supermarkt uns verfolgen und mitschreiben würde, was wir kaufen, so die Bloggerin.
Was kannst du tun? Lass dir jedenfalls deine Daten herausgeben!
Es liegt auf der Hand, dass jeder von uns prüfen sollte, welche Daten Amazon & Co von dir gespeichert haben. Amazon ist sicher die Spitze des Eisberges, aber es gibt noch genügend andere Kandidaten. Auch Autorin Nocun empfiehlt dies. Die Datenanforderung ist gottseidank aber nicht überall so mühsam wie bei Amazon. So bieten beispielsweise Google und Facebook die Möglichkeit, Daten online im Userkonto einzusehen. Wenn auch nur einen Auszug. Aber bereits dieser gibt zu denken. So führt Nocun das Beispiel an, dass sämtliche Personenabfragen von Facebook gespeichert werden – über Jahre!
DSGVO-Verpflichtung zur Datenherausgabe: Unternehmen nicht immer willig
Wenn du mehr wissen willst kannst du dich zwar auf die DSGVO berufen und die Unternehmen sind prinzipiell zur Datenherausgabe verpflichtet. Die DSGVO liefert also schon einen wesentlichen ersten Beitrag zu unserer Privatsphäre. Die Bereitschaft der Konzerne ist laut Nocun aber nicht überall vorhanden (siehe Amazon). Netflix sei hingegen ein Vorbild – nach einem Anforderungsmail folge ein Monat später die Auskunft.
Was generell erschwerend dazukommt ist, dass dermaßen viele Daten gesammelt werden, dass die Vollständigkeit dieser von dir als User schwierig überprüft werden kann. Hat das Unternehmen wirklich alles geliefert, was es hat? Mach dich also am besten schlau, wer was in welchem Umfang speichert.
Nicht mit deinen Daten: Nutze ein VPN, um deine Spuren zu verschleiern!
Konzerne sind die eine Sache. Unsere Daten sind aber auch bei anderen Einrichtungen sehr beliebt: So führt Nocun in ihrem Buch auch an, wie Banken und Behörden Algorithmen zur Vorhersage unserer Zukunft nutzen. Oder wie Geheimdienste ihre Überwachungsmethoden immer weiter verbessern. Auf Kosten unserer Privatsphäre versteht sich. Du möchtest dich schlau machen, wer dir alles an die Daten geht und in Folge manipuliert? Dann lies am besten Katharina Nocuns Buch! Da vergeht dir das Surfen – oder aber du setzt auf ein VPN, um deine Spuren zu verschleiern! Ein VPN verschlüsselt deinen gesamten Traffic, „Spione“ sehen nur die IP-Adresse des VPN-Servers, nicht deine eigene.
Quelle: orf.at; Foto: Gordon Welters
Erstellt am: 7. April 2019