DNA-Forscher zeigen, dass anonyme Daten längst nicht mehr anonym sind

Anonymität zumindest deiner eigenen DNA? War gestern: In Datenbanken und auf genealogischen Webseiten finden sich mittlerweile dermaßen viele DNA-Daten, dass beinahe von jeder DNA-Probe ermittelt werden kann, zu wem sie gehört. Und das ganz unabhängig davon, ob man jemals selbst mit DNA hatte zu tun bzw. eine Probe abgegeben hat.

2013 schockte Biologe Yaniv Erlich die Forscherwelt: Er zeigte damals auf, dass eine Internetverbindung ausreicht, um die Identität von Menschen, die in genetischen Datenbanken gelistet sind, zu enthüllen. Die Gesetzgeber reagierten mit verschärften Zugangsmöglichkeiten zu anonymisierten biomedizinischen genetischen Daten.

DNA-Informationen explodiert

Heute, fünf Jahr später, ist die Zahl der in digitalen Data Stores gespeicherten DNA-Informationen explodiert. Kein Zeichen einer Verlangsamung in Sicht. Diverse US-Firmen haben bis dato genetische Profile von mehr als 12 Millionen Menschen erstellt. Diese können ihre eigenen Daten downloaden und sie öffentlichen Genealogie-Webseiten hinzufügen, um Familienstammbäume zu erstellen.

„Egal, ob man selbst getestet wurde oder nicht.“

Diese Stammbäume dienen dazu, Menschen anhand von DNA-Stücken miteinander zu verbinden. Sie sind so stark gewachsen, dass sie es laut einem Artikel von Yaniv Erlich ermöglichen, rund 60 % der US-Bevölkerung mit europäischen Ahnen zu finden – und zwar ganz unabhängig davon, ob diese jemals einen Spucktest eingeschickt haben: „Das Fazit lautet, dass es egal ist, ob man selbst getestet wurde oder nicht“, sagt der Spezialist.

„Golden State Killer“ durch DNA-Abgleich gefasst

Zusätzlich zu den öffentlichen Datenbanken kommen noch jene der Behörden, die Straftäter führen. Wenn die Polizei an eine DNA-Probe kommt, vergleicht sie diese mit Proben und stellt so Verwandtschaftsverhältnisse fest. Und das alleine reicht bereits aus um mittels Adressbücher oder ähnlichem die betroffene Person zu identifizieren. Das hat beispielsweise – neben 17 anderen erfolgreichen Identifizierungen – beim „Golden State Killer“ sehr gut geklappt. Diesem konnte nach Jahrzehnten das Handwerk gelegt werden, weil er eben durch eine öffentliche DNA-Datenbank ausgeforscht wurde.

Optimale Bedingungen für Überwachung

DNA
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In diesem Fall eine gute, sinnbringendes Sache. Aber Verbrecher stellen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung dar. Laut Erlich wird es nicht mehr lange dauern, und diese Art der Identifizierung funktioniert bei jedem, dessen DNA im Umlauf ist. Optimale Bedingungen also für flächendeckende Überwachung und Spionage. Ganz schlecht für unsere Privatsphäre und den Datenschutz.

In DNA weit mehr Infos als angenommen

Eine zweite Arbeit zum Thema DNA und Anonymität hat ein Team rund um Noah Rosenberg von der Stanford University abgeliefert, die sich mit weitverzweigter Familienforschung anhand von Verdächtigen-Datenbanken beschäftigt. Rosbergs Forschungen zeigen, dass in forensischen Datenprofilen weit mehr Informationen stecken, als angenommen. Und genau das ist laut Rechtsexperten auch ein gesetzliches Problem – denn die Datenprofile können genau die codierten Regionen der Genome vorhersagen. Also die blauen Augen, die Herzkondition, Locken …

„Alle Gerichtsentscheidungen, warum die bestehenden strafbehördlichen Datenbanken den vierten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassungen nicht missbrauchen, bauen auf der Annahme, dass in dieser Junk-DNA nichts Persönliches steckt“, so Andrea Roth vom UC Berkeley Center für Gesetz und Technologie. „Jetzt ist das alles offen.“

Warnung, was mit heutiger Technologie möglich ist

Rosenberg verrät in seiner Arbeit keine Details zur Software etc. Sie soll ein Warnsignal sein, um den Gesetzgebern zu zeigen, was mit heutiger Technologie alles möglich ist. Rosenberg hofft darauf, dringend notwendige Konversationen zur Speicherung und Nutzung von genetischer Information anzustoßen und voranzubringen. Das wäre jedenfalls dringend notwendig. Denn mit genügend DNA ist es ganz egal, ob du gefunden werden willst oder nicht. Und das ist keine schöne Zukunftsvorstellung – oder?

Quelle: Wired


Erstellt am: 5. November 2018

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