Wenn du jetzt nicht gerade eingefleischter Single bist, ist das wahrscheinlich bei dir zuhause nicht anders: Es gibt einen Internetanschluss, an dem die ganze Familie hängt und diesen nutzt. In heutigen Zeiten, wo Abmahnungen und illegale Internetnutzung ein großes Thema sind, ergibt sich damit aber eine wesentliche Frage: Wer von den Internetnutzern eines Anschlusses ist dann der „Böse“? Diese Frage steht auch im Zentrum einer Klage, zu der nun ein EU-Gutachten veröffentlicht wurde. Wenn du Anschlussinhaber bist, wird dich dieses nicht freuen. Denn: Der Anschlussinhaber haftet für Filesharing, das über seinen Anschluss getätigt wird – egal von wem.
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Grundrecht auf Schutz des Familienlebens vs. Urheberrechtsgesetz
Du warst es, nein du … Solche Diskussionen hebelt das Gutachten aus, denn: Das Grundrecht auf Schutz des Familienlebens steht gegenüber dem Urheberrechtsgesetz zurück, worum es ja beim Filesharing geht. In der Realität heißt das, auch wenn andere Familienmitglieder den Internetanschluss nutzen, für eine Urheberrechtsverletzung bist trotzdem du als Inhaber dran, so Generalanwalt Maciej Szpunar am Europäischen Gerichtshof: „In diesen Fällen müsste das Eigentumsrecht Vorrang vor dem Recht auf Achtung des Familienlebens haben.“ Es sei denn, ein anderes Familienmitglied gibt den illegalen Akt zu. Die Ansprüche müssen aber jedenfalls durchgesetzt werden können.
Konkreter Fall: Hörbuch eines Verlags auf Tauschbörse angeboten
Der Fall, dem das Gutachten zugrunde liegt, war folgender: Der Verlag Bastei-Lübbe hatte Klage gegen einen Mann eingereicht, der über seinen Anschluss in einer Tauschbörse ein Hörbuch zum Downloaden angeboten hat. Oder eben nicht – denn der Beschuldigte verwies darauf, dass nicht nur er Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Ganz nach dem Motto: Nein, ich war das nicht, sondern Mama oder Papa.
Damit hatte das Gericht aber nun ein Problem durch die deutsche Rechtsprechung: Wie du sicher auch schon einmal gehört hast, müssen Familien sich gegenseitig nicht durch eine Auskunft beschuldigen – was uns zum eingangs schon erwähnten Grundrecht auf Schutz des Familienlebens führt. Demnach wären die Ansprüche des klagenden Verlages nicht durchsetzbar gewesen, weil die Schuldfrage offenbleibt. Aber: Wusste der Beschuldigt vom Grundrecht und nutzte dieses einfach nur, um sich selbst zu schützen? Vorher gab er nämlich noch an, dass seine Eltern die Tauschbörse sicher nicht nutzen würden … Das Landgericht München zumindest gab auf und den Fall nach Luxemburg ab.
Das Urteil im vorliegenden Fall soll in den nächsten Monaten fallen. Das Gutachten ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg dorthin, es wird meist von den Richtern berücksichtig. Das muss aber nicht sein. Eine spannende Sache, die wieder für Aufregung beim Filesharing sorgt.
Quelle: futurezone
Erstellt am: 10. Juni 2018