Edward Snowden hatte seinerzeit nicht „nur“ die NSA im Visier. Vor 5 Jahren enthüllte der Whistleblower und Ex-CIAler auch die Vorgehensweise der britischen Überwachungssysteme des Geheimdienstes Government Communications Headquarters (GCHQ). Diese führen nämlich eine Massenüberwachung der Bevölkerung durch. Vier Jahre lang wurde nun über die Beschwerde diskutiert – mit einem nunmehr erfreulichen Urteil: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kam letzte Woche zu dem abschließenden Ergebnis, dass der GCHQ mit seiner Überwachungspraxis gegen die Menschrechte verstößt.
Es hat seine Zeit gedauert, aber nun erhält die Massenüberwachung ihr gerechtes Urteil. Das Ergebnis ist umso bezeichnender, da es der bevölkerungsweiten Überwachung in Großbritannien erstmals nach den Snowden-Enthüllungen einen Rechtsverstoß attestiert. Eingebracht wurde die Beschwerde mit dem Aktenzeichen 58170/13 von netzpolitik.org-Autorin Constanze Kurz gemeinsam mit Big Brother Watch, Open Rights Group und der Schriftstellervereinigung PEN. Ausschlaggebend für die Bemühungen des Quartetts waren die Überwachungsprogramme „Tempora“ und „Prims“, die vor 5 Jahren von Edward Snowden publik gemacht wurden. Neben der flächendeckenden Überwachung an sich enthüllten die veröffentlichten Papiere auch, dass der GCHQ nicht nur auf eigene Faust handelte. Es gab eine rege Zusammenarbeit mit der NSA …
Inhaltsverzeichnis
Keine Kontrolle, unzureichender Schutz vor Missbrauch, nicht zielgerichtet
Was hat das Gericht nun dazu gebracht, für die Privatsphäre von Millionen britischer (aber auch überhaupt europäischer) Bürger zu entscheiden? Einerseits wurde der „lack of oversight of the entire selection process“ beanstandet. Das heißt, es gibt eigentlich keine echte Kontrolle, was bzw. wie der Geheimdienst eigentlich tut. Missbrauch ist also vorprogrammiert – das sah auch das Gericht so: „sufficiently robust to provide adequate guarantees against abuse“. Als weiteren Grund für das Urteil gab das Gericht „bulk interception is by definition untargeted“ an. Die Überwachung ist also nicht zielgerichtet. Das Gericht hat sich in seinem Urteil auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention berufen: Die britische Überwachung des GCHQ sei nicht mit dem Menschenrecht des Schutzes der Privatheit vereinbar.
Menschenrecht auf Schutz der Privatheit wird nicht eingehalten
Dass Großbritannien im Zusammenhang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention in Verruf kommt, ist selten. Schon seit 1953 ist das Land dabei und hält sich eigentlich daran. Es gibt ja einige andere Kandidaten wie Ungarn oder Russland, die weit öfter wegen rechtswidrigen Vorgehen gegen die Menschrechte belangt werden.
Wie geht es nun weiter? Der EuGH hat zwar das System von damals verurteilt – aber nicht die heutige Verfahrensweise. Zwischenzeitlich wurde das entsprechende britische Gesetz nämlich aktualisiert. Nunmehr ist der neue Investigatory Powers Act in Großbritannien im Einsatz. Und der ist noch schlimmer als sein Vorgänger, da die Überwachung damit ausgeweitet wurde. Auch wenn dies nicht Thema des Urteils ist, wird aber sicherlich die Kritik an der Massenüberwachung intensiver werden …
Quelle: netzpolitik.org
Erstellt am: 17. September 2018