Du hast es dir sicher auch schon des Öfteren gedacht: Unsere Rechtsprechung ist nicht gerade einfach. Was darf man, was nicht? Ein gutes Beispiel für diese Komplexität ist ein neues Urteil des BGH, das besagt, dass Dashcam-Aufnahmen aufgrund der Datenschutzbestimmungen nicht erlaubt sind. ABER: Sie dürfen dennoch als Beweismittel bei Unfällen herangezogen werden. In erster Instanz wurde dies noch abgelehnt.
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Aufzeichnungen verstoßen gegen Datenschutzgesetz
Ein Autofahrer aus Sachsen-Anhalt bekam damit aber nun beim BGH Recht. Er hatte seine Dashcam-Aufzeichnungen als Beweis hernehmen wollen, dass er einen Unfall nicht verursacht hatte. Es ging darum, ob eben der Kläger oder sein Unfallgegner die Spur verlassen und damit eine Kollision herbeiführten hatten. Man sollte meinen, dass derartige Aufnahmen eigentlich ein Geschenk des Himmels sind, weil man wirklich weiß, wer der Schuldige ist. Aber: Der Dashcam-Lenker ist sowohl beim Amts- als auch beim Landesgericht gescheitert, da das Ganze nicht mit den Datenschutzbestimmungen konform geht.
Letztendlich ist er aber jetzt beim Bundesgerichtshof erfolgreich gewesen, sodass die Dashcam-Aufnahmen bei Unfallprozessen genutzt werden dürfen: „Die Unzulässigkeit oder Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden.“ Was den Datenschutz betrifft, so müssen Unfallbeteiligte ohnehin ihre Daten abgeben (Führerschein etc.)
Perfekter Zeuge Dashcam
Das Urteil ist aber eben auf den Einzelfall beschränkt. Es heißt nicht, dass du deine Dashcams im Auto permanent laufen lassen darfst, besagt § 4 BDSG. Das hat zwar auch der Kläger im vorliegenden Fall getan. Aber da sich der zweite Autofahrer freiwillig im öffentlichen Raum aufgehalten hat, war er damit „der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt“. Sprich das, was die Dashcam filmte, hätte auch jeder andere einfach sehen können, wie ein Zeuge. Das Gericht stellt sich aber für die Zukunft vor, dass die Kameras nur „eine kurze Aufzeichnung des unmittelbaren Unfallgeschehens“ durchführen, ihre Aufnahmen aber ansonsten selbst überschreiben, um Missbrauch zu verhindern.
Freude bei Versicherungen – und Kunden?
Das mit Spannung erwartete Urteil löst einerseits bei Autofahrern Freude aus, aber auch bei den Versicherungen. Laut Tibor Pataki, Leiter der Abteilung Kraftfahrtversicherung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) würden Dashcam-Kameras in Zukunft eventuell auch von Versicherungen dazu genutzt, Unfälle leichter aufzuklären. Und das – jetzt kommt‘s – könnte dir im Fall des Falles auch Bares bringen, nämlich die Rettung deines Schadensfreiheitsrabattes (der bei einem Unfall ja leider normalerweise flöten geht). Aber wenn du nachweislich nicht schuld bist, kann dir dein Rabatt auch nicht genommen werden. Ebenfalls ein Thema für die Nutzung von Dashcam-Aufnahmen ist das Aufdecken von Versicherungsbetrügereien.
Datenschutz hin oder her: Wir finden, das Urteil ist gar nicht übel, überwiegen doch die Vorteile der Aufzeichnung eindeutig.
Quelle: heise.de, Spiegel Online
Erstellt am: 12. Juni 2018