Staatstrojaner unter Beschuss: Datenschützer bringen Verfassungsbeschwerden ein

Die heimliche Überwachung von Computer, Smartphone & Co ist seit letztem Jahr offiziell erlaubt. Zumindest für die deutschen Strafverfolger, die auf diesem Wege effizienter auf Verbrecherjagd gehen wollen. Die entsprechende Software dazu ist der so genannte (und viel diskutierte) Staatstrojaner. Kritiker sind bereits seit Monaten auf den Barrikaden gegen diese Form der Bürger-Spionage. Jetzt gehen Datenschützer einen Schritt weiter und bringen verschiedene Klagen gegen den ungeliebten Staatstrojaner ein.

Am 24. August 2017 trat in Deutschland das „Staatstrojaner-Gesetz“ in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt war es den Behörden möglich, staatliche Überwachungssoftware still und leise, ohne Wissen der Zielperson, auf Gerätschaften von Verdächtigen zu platzieren – entweder zur Überwachung laufender Kommunikation oder um das ganze Gerät zu durchforsten. Die Polizei kann also beispielsweise bei WhatsApp oder dem Facebook-Messenger mitlesen. Bis zur Verabschiedung des Gesetzes waren Maßnahmen zur kompletten Untersuchung nur im Falle der Terrorabwehr möglich.

„Umfangreiches und gläsernes“ Persönlichkeitsbild

Die Behörden erhalten durch diese extremen Spionage-Möglichkeiten natürlich ein sehr intimes Bild des Betroffenen – „ein Persönlichkeitsbild, das umfangreicher und gläserner nicht sein könnte“, so Jan Dirk Roggenkamp, er sieht durch diese Form der Überwachung ein „Auslesen von Gedanken.“ Der Rechtsprofessor hat gemeinsam mit dem Verein Digitalcourage eine der aktuellen Verfassungsklagen gegen den Staatstrojaner erstellt: „Wir haben den Zugriff auf alles.“ Der Verein sieht die als Verletzungen des IT-Grundrechts, der Menschenwürde und des geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung.

Zumindest strengere Auflagen sowie Schließen von Sicherheitslücken

Das kann und soll nicht sein: Die Klage von Digitalcourage sowie weiteren Klagseinbringern soll den Staat an der heimlichen Spionage hindern bzw. zumindest strengere Auflagen für den Einsatz des Staatstrojaners verankern. Weiters sollen Sicherheitslücken in Geräten bzw. der IT nicht mehr zum Hacken genutzt werden, sondern eine Meldung beim Hersteller erfolgen, um derartige Lücken zu schließen – zum Wohle der Allgemeinheit. Denn nicht nur Behörden nutzen derartige Lücken aus, sondern auch Cyberkriminelle. Bestes Beispiel ist die Ransomware WannaCry, die weltweit um sich gegriffen und bei einer Vielzahl von Geräten bzw. Nutzern Schäden angerichtet hat. Hätte jemand die Lücke gemeldet, wäre dies vielleicht nicht in dieser Form passiert.

Journalisten ebenfalls Überwachungs-Opfer

Auch Verfassungsbeschwerden eingebracht hat die „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ (GFF), welche u. a. die Rechte von Journalisten bedroht sieht. Laut Can Dündar und Hajo Seppelt stehen nicht nur verdächtige Personen im Fokus der Behörden, sondern eben auch Journalisten, die Aufdeckerarbeit betreiben – was nicht immer gerne gesehen wird. Ulf Buermeyer, Vorsitzender der GFF, möchte, dass die Behörden in ihrem Tun stärker in die Pflicht genommen werden: „Wenn der Gesetzgeber schon eine Rechtsgrundlage für den Trojanereinsatz schafft, dann soll er auch festlegen müssen, unter welchen Umständen Strafverfolger die dafür nötigen IT-Sicherheitslücken horten dürfen oder melden müssen“.

GFF, Digitalcourage und einige Politiker stehen kurz davor, ihre Verfassungsbeschwerden einzureichen. Der Bundesverband IT-Sicherheit (TeleTrusT) hat dies bereits im April erledigt. Das heißt, der Staatstrojaner (der wie berichtet auch mit den an ihn gestellten Anforderungen zu kämpfen hat) steht unter Vierfachbeschuss. Mal schauen, wie er diese Attacke aushalten wird!

Quelle: Golem, Spiegel


Erstellt am: 9. August 2018

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